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Schulz, Andreas
Der Strukturvertrieb von Versicherungen
Carl Heymanns
978-3-452-27257-7
1. Aufl. 2010 / 232 S.
Monographie/Dissertation

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Kurzbeschreibung

Reihe: Karlsruher Schriften zum Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht. Band: 23

Das Werk beschäftigt sich mit einem wirtschaftlich äußerst relevanten Vertriebsmodell, dem sich beispielsweise freie Finanzdienstleister wie die DVAG, der AWD oder die OVB bedienen. Anreizsysteme im Strukturvertrieb werden schon lange dafür kritisiert, dass die Vermittler durch diese systematisch über- und fehlmotiviert werden. Alle Elemente des pyramidenförmig aufgebauten Vergütungs- und Hierarchiesystems seien kompromisslos auf schnelle Umsatzerfolge zugeschnitten. Die Teilnehmer am Strukturvertrieb seien daher allzu oft bereit, zu unlauteren Mitteln zu greifen, um in einem progressiven System zu bestehen, dass ähnlich wie Schneeballsysteme viel Geld verspreche, aber tatsächlich nur dessen Veranstalter bereichere. Diese Kritik ist auch im Zuge der Regulierung der Versicherungsvermittlung nicht verstummt. Denn zum einen kommen deren Ausnahmeregelungen oftmals gerade Strukturvertriebsunternehmen zugute. Zum anderen sind die Provisionssysteme in der Versicherungsbranche allen Warnungen zum Trotz unangetastet geblieben. Die gezielte Provisionierung bestimmter Umsatzerfolge ist Kernelement strukturvertriebstypischer Anreizsysteme.

Vor diesem Hintergrund hat der Autor den verbreiteten Eindruck, dass die Inhaber der Strukturvertriebe zwar die enormen Profite des Systems kassieren dürfen, nicht hingegen für dessen nachteilige Tendenzen einzustehen haben, anhand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“) überprüft. Er ist dabei zu der Auffassung gelangt, dass dessen konsequentere Anwendung bestehende Schutzlücken schließen helfen könnte. Tatsächlich werden fast alle Verfehlungen, die vermehrt in der Strukturvertriebsbranche ausgemacht worden sind, von den für das UWG anerkannten Fallgruppen abgedeckt. Deren durch dieses Werk nun erstmals umfassend vorliegende rechtliche Systematisierung und juristische Kommentierung ermöglicht Betroffenen und Interessierten in sehr zugänglicher Weise die Prüfung, ob ein konkreter Strukturvertrieb von Versicherungen noch lauter praktiziert wird.

Besonderen praktischen Wert erlangt hierbei der ausführliche Rechtsfolgenteil, in dem es um die Haftung beispielsweise für Belästigungen, progressive Kundenwerbung und betrügerisches Werbeverhalten geht. Denn hier verdeutlicht der Autor, dass gerade das Wettbewerbsrecht eine Vielzahl von flexibel und effektiv ausgestalteten Mechanismen vorhält, um Verantwortliche aller Hierarchieebenen im Strukturvertriebsunternehmen zu lauterem Verhalten zu bewegen. Insbesondere die Anwendung des Instituts der Störerhaftung wendet der Autor hier so an, dass das Unternehmen selbst nun auch dort haften würde, wo bisher gebetsmühlenartig auf die Verantwortung der einzelnen Vermittler (der „schwarzen Schafe“) verwiesen wird. Gerade hier könnten die für den Bereich des Strukturvertriebs typischen Anreizvehikel herangezogen werden, um Abwehransprüche zu begründen. Die Praxisrelevanz dieser Herangehensweise wird klar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Unterlassungsverfügungen im Wettbewerbsrecht stets mit einem Ordnungsmitteln (v.a. Ordnungsgeld) strafbewehrt werden. Ob Unterlassungsverfügungen dann auf eine Beauftragtenstellung der Vermittler, Organisationsverschulden der Führungskräfte oder die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten im Rahmen der Störerhaftung gestützt werden: bereits bei einzelnen weiteren Verfehlungen von Vermittlern würde es für das Unternehmen sehr teuer. Nicht einmal ein Schaden und Verschulden müsste nachgewiesen werden.

Sollten klagebefugte Verbände (insbesondere die Verbraucherzentralen) oder Mitbewerber das Instrumentarium des UWG unter diesen Prämissen erfolgreich einsetzen, müssten sich Anreizsysteme beim Strukturvertrieb von Versicherungen nicht mehr nur an der Höhe des Umsatzgewinns messen lassen, sondern auch daran, wie kostspielig die überschießende Motivation der Vermittler werden kann.